Der Flug mit der Copa Airlines nach Cartagena, dauert nur fünfzig Minuten. Mein einfaches aber sauberes Hotel im Ortsteil Getsemani hat kein Außenfenster sondern nur eins zum Flur, was den unschlagbaren Vorteil hat, dass von Außen kein Lärm eindringt.
Irgendwo hat mich eine Klimaanlage kalt erwischt und ich kämpfe gegen eine Erkältung. Was zunächst nach dem aufgeräumten Costa Rica und Panama total anders anmutet, ist das Leben, welches hier auf den Straßen tobt, herrlich. Fliegende Händler, chaotische Gassen und Straßen Essstände. Die Währung mit den hohen Zahlen ist gewöhnungsbedürftig und man muss höllisch aufpassen wie ich in den nächsten Tagen feststelle, als man mehrmals versucht, mir einen deutlich zu kleinen Schein als Rückgeld anzudrehen, diese Schlitzohren, Touristenstadt eben.
Über das Wochenende bleibt mir nun nichts weiter zu tun, als mir die Stadt anzusehen die wirklich nett aber auch sehr touristisch ist und irgendwie mit dem Essen der Restaurants klarzukommen, was mir nur sehr schwer gelingt und somit ist jeden Tag die große Suche angesagt.
Am Montag treffe ich mich mit Alex und Claire sowie Tim, um Versicherungsmäßig was auf die Reihe zu bekommen. Tim muss für sein Motorrad woanders hin wie sich rausstellt und auch wir machen erstmal einen größeren Gang durch die Umgebung, bis wir schließlich in der Nähe des Hafens fündig werden und glücklich unsere Autoversicherung in der Hand halten. Auch statten wir den netten Toyota Jungs noch einen Besuch ab und sie könnten auch was aus der Hauptstadt besorgen, es dauert jedoch 3 Tage, darauf lasse ich mich lieber nicht ein, denn sobald ich wieder im Auto sitze, will ich raus hier.
Am Dienstag ist es dann endlich soweit,wir treffen uns früh am Hafen und beginnen das Prozedre, welches uns den ganzen Tag in Atem halten wird. Erstmal zum hiesigen Agenten der auf dem Gelände sitzt und im Gegensatz zu Boris auf der anderen Seite wenig hilfreich war, als ich ihm zwei sehr simple Fragen per Mail stellte, wurden diese nicht beantwortet. Infos über die einzelnen Schritte haben wir bekommen und somit eine Vorstellung, wie es ablaufen soll. Es sind weit über 20 aber Alex und Claire wollen unbedingt heute die Karre aus dem Hafen haben obwohl das nur wenige je geschafft haben, mir ist das sowas von egal, immer alles schön tranquilo, wir sind schließlich in Südamerika!
Wir rennen zu verschiedenen Banken Geld einzahlen, zu einer Behörde Formulare ausfüllen, zurück zu den Zuständigen ins Hafengebäude noch mehr Formulare ausfüllen und der Rest der Zeit besteht aus ...Warten. Da am Tag vor uns auch schon zwei Container beladen wurden, haben die Jungs richtig Stress, denn wir sind nun 15 Überlandfahrer diverser Nationen, die es nicht abwarten können, endlich ihren fahrbaren Untersatz wiederzubekommen. Die Zeit geht dahin, meine Verschiffungspartner geben die Hoffnung nicht auf, ich denk mir meinen Teil und um 17 Uhr ist Feierabend, morgen geht das Spiel weiter. Wir haben alle unsere Klamotten dabei und beschließen, zusammen mit Pascal und Sheila, die mit ihrem Hund reist der noch in Panama City sitzt weil was mit den Papieren nicht rechtzeitig zum Abflug klappte, ein gemeinsames Zimmer in der Nähe zu nehmen und den Abend gemeinsam zu verbringen.
Am Morgen scheinen Alex hartnäckige Interventionen auf fruchtbaren Boden gestoßen zu sein, wir dürfen als Erste und Einzige zum Container, die Jungs mit Helm der hier Pflicht ist, ich ohne!
Er wird schnell geöffnet und wir können unsere Fahrzeuge unversehrt aus dem Container fahren, ein Inspektor kommt und gleicht die VIN ab und dann heißt es wieder mal...Warten.
Nach und nach kommen auch die Anderen zu ihren Containern und bald ist das Gelände mit Autos und Motorrädern gefüllt. Gleichstand, und so wird es auch bleiben bis zum Ende. Tatsächlich geht es noch den ganzen lieben langen Tag weiter mit Papierkrempel bis wir nach der Mittagspause die original Bill of Landing in der Hand halten. Als wir schließlich alle gemeinsam zu unseren Autos dürfen, keimt Hoffnung auf das es nun schnell geht aber nichts da, wir warten auf den finalen VIN Abgleich und Unterschrift wie sich irgendwann herausstellt und bis auch die letzte Schranke hinter uns fällt, ist es bereits wieder 16 Uhr. Ich tanke und verabschiede mich von meinen Leidensgenossen und nix wie raus hier. Als erstes steure ich einen Gasflaschenfüller an der so schnell ist mit der Befüllung, dass Hoffnung aufkeimt für diesen Kontinent. Anschließend fahre ich zu netten Menschen die Camper aufnehmen schon weit außerhalb der City.
Ich feiere die Wiedervereinigung mit Wally und räume am Morgen erstmal das Chaos im Auto auf um anschließend meinen Weg Richtung Karibik anzutreten. Immer nach Norden. Schnell wird klar, ein billiges Vergnügen sind Kolumbiens Straßen nicht, alle Nase lang gibt es Bezahlstationen die richtig zulangen, umgerechnet 5,- Euro pro Zahlstelle sind normal. In Barranquilla, welches der Heimatort von Shakira ist, ein Stolz der Nation, die sogar ich kenne, finde ich einen Supermarkt und bin begeistert, dass sie sogar Sauercreme haben. Draußen bildet sich gleich ein Pulk von interessierten Männern ums Auto. Aha, Trotamundo (Globetrotter) alles klar, da können sie was mit anfangen aber allein?!! Ein Makel, der mich halt permanent begleitet, ob das bei meinen männlichen Kollegen wohl auch so ein großes Thema ist was immer wieder staunende Ungläubigkeit auslöst?
Jetzt noch über die große Bucht de Santa Marta, vorbei an gleichnamiger Stadt und ich erreiche mein Ziel in der Nähe des Tayrona National Parks mit seinen vielen Sandstränden den ich selbst aber nicht betrete, sondern mich auf dem viel gelobten Camping Los Angeles direkt am Wasser installiere. Ein paar andere Reisende sind da, netter Strand aber nicht wirklich was zum Schwimmen, zu gefährlich.
Ich lerne einen Deutschen kennen der im Bergdorf Minca lebt und sich über die Mentalität der Bevölkerung beklagt was z.b. Umwelt angeht. Interessant ist die Sichtweise von Ausländern die im jeweiligen Land leben immer, zumal seine Frau Kolumbianerin ist und die Sache genauso negativ beurteilt. Er lädt mich zu sich ein aber dazu müsste ich retour fahren wozu ich keine Lust habe und er rät mir leider auch dringend davon ab, die Strecke von Riohacha nach Cabo de la Vela allein zu fahren weil es dort immer mal wieder zu Überfällen käme, blöd, weil ich das gern machen wollte aber nach einigem Abwägen beschließe ich letztlich, seinem Rat zu folgen.
Nach ein paar Tagen fahre ich nach Palomino um einzukaufen und ans Internet zu kommen. Hier tanzt touristisch der Bär und die Backpacker aalen sich am Strand. Wie man sowas schön finden kann, ist mir immer wieder ein Rätsel und so mache ich mich am Morgen auf den Rückweg. Von der nahen Sierra Nevada, dem höchsten Küstengebirge der Welt, sieht man dank Wolken nichts. Am Straßenrand sieht man ab und an die in weiße Gewänder gehüllten Tayrona Indianer die dort oben leben. Sie wirken irgendwie archaisch und erinnern mich ein wenig an die Aborigines in Australien.
Da mir der Camping L.A. nicht wirklich gefallen hat, steuere ich das Casa Grande Surf an. Volltreffer, man darf direkt auf dem Strand stehen und muss nur aufpassen, dass einen keine Kokosnuss ausknockt, kein Mensch hier, die kommende Woche ist ganz dem Nichtstun gewidmet.
Weiter geht es nach Riohacha vorbei an ein paar Militärposten die die Daumen hochrecken um zu signalisieren: alles sicher! Die venezolanische Grenze ist nah und die Situation im Nachbarland spitzt sich deutlich zu. Trotz der größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt, darbt das Volk. Präsident Maduro ist dabei, Venezuela in eine Diktatur umzubauen. Für Überlandfahrer ist es im Moment gar kein Thema, das Land zu betreten, leider! So hat sich die Situation genau umgekehrt, ist Kolumbien erst seit ungefähr 20 Jahren wieder bereisbar, so gab es im Nachbarland bis vor wenigen Jahren blühenden Tourismus.
Kolumbien hat eine bewegte Vergangenheit wobei die FARC daran einen großen Anteil hat. Raub, Erpressung, Drogenhandel und Kartelle, Straßen waren nicht sicher, Ermordung von Zivilisten, schwer vorstellbar, was in diesem heute so friedlich erscheinenden Land vor nicht allzu langer Zeit abging. Heute ist das Land immer noch eines der größten Kokain Lieferanten der Welt und wird es wohl auch bleiben.
In Riohacha stehe ich zwei Tage im Innenhof eines Hostels, bevor ich mich endgültig südwärts wende um auf Nebenstraßen und über die Stadt Valledupar in die heiße, flache Ebene mit viel Wasser durchzogene Gegend um Mompox zu fahren. Da bald Ostern ist, und hier die ein oder andere Festivität stattfinden soll, vermute ich mich am richtigen Ort. Ich finde eine gute Übernachtungsmöglichkeit an einem aufgegebenen Hotel außerhalb des Ortes wo sich auch noch ein Zimmer mit funktionierender Dusche und Klo findet und schlendere ausführlich durch das direkt am Fluss liegende Örtchen welches mir sehr gut gefällt. Tatsächlich bekomme ich ein paar Anfangszeremonien mit die das Osterwochenende einläuten. Da die Hauptfeierlichkeiten irgendwann abends oder nachts stattfinden, sehe ich davon nichts und mache mich nicht zuletzt wegen der großen Hitze Karfreitag auf den holprigen Weg nach Osten in Richtung Hauptstraße. Heute am Feiertag ist in der großen Stadt Bucaramanga nichts los und ich durchquere sie in Rekordgeschwindigkeit und schaffe es noch bis nach Barichara, wenn ich auch einmal die goldene Regel brechen muss, nicht im Dunkeln zu fahren.
Nach einer ruhigen Nacht am Aussichtspunkt, schlendere ich durch die netten, fotogenen Gassen. Da immer noch Ostern ist und entsprechend viel los, mache ich mich aber vom Acker und besuche den bestens sortierten Supermarkt von San Gil. Dann geht es auf wenig befahrener Straße, die später in eine Piste übergeht und sich in die Höhe schraubt, ins tiefe Hinterland. Am höchsten Punkt auf 2500 Metern übernachte ich.
Die Aussicht hier oben ist toll, wo es eben geht, sind Felder angelegt und ein Bauer signalisiert mir, dass es sicher sei.
Am Morgen rumpel ich die Piste hinab durch viele abgelegene kleine Dörfer und manchmal ist es durch die verwinkelten Gassen nicht einfach, wieder den Ausgang zu finden. Viele Fremde kommen hier nicht durch, ich werde häufig angestarrt. Das Navi weiß zwischenzeitlich auch nicht mehr weiter so das ich den Weg erfragen und erahnen muss aber es ist eine sehr schöne Fahrt durch abgelegenes Gebiet.
Ich lande in Sogamoso an einem Hostel und schaue mir am nächsten Tag noch das historische Kaff Mongui an was nicht wirklich gelohnt hat. Auch der Lago de Tota enttäuscht, alles ist komplett landwirtschaftlich genutzt und nicht wirklich interessant, also mache ich mich auf ins Kolonialstädtchen Villa de Leyva wo ich mich ans unter Reisenden beliebte Hostel stelle.
Ich bleibe ein paar Tage und die mir bereits bekannten in Cartagena beim Auslösemarathon kennengelernten Belgier mit drei Kindern treffen ein. Ich erfahre, dass meine Verschiffungpartner ihre Fotoausrüstung auf einem Supermarktparkplatz in Valledupar unfreiwillig losgeworden sind, oje!
Es regnet viel, nun hat mich die Regenzeit wohl erwischt.
Weiter geht es zum Fossilien Museum. Sehr interessant, denn dieses Gebiet war mal vom Ozean bedeckt und man hat viele See Dinosaurier und andere gut erhaltene Fossilien ausgegraben. Als man mir dann aber sagt, fotografieren mit Profi Kamera wäre verboten, muss ich grinsen und verlasse das Museum, die Bilder sind längst im Kasten.
Nächster Stopp ist die Salzkathedrale von Zipaquira nördlich von Bogota. Ich finde eine Parkmöglichkeit wo ich auch über Nacht stehen kann nahe dem Eingang. Es ist kalt und regnet in Strömen.
Diese dreischiffige komplett aus Salz gehauene Kathedrale gehört zu den größten religiösen Bauwerken der Welt und befindet sich in einer Salzmine. Sie ist riesig, es gibt Kapellen und einen Kreuzweg.
Die riesigen Kreuze, Engel und Madonnen sind alle aus Salz. Das Tollste ist die indirekte, farblich wechselnde Beleuchtung, die dem Ganzen die Krone aufsetzt, wirklich beeindruckend.